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Bei der Wiederöffnung der Kathedrale traf Mode auf Liturgie und Vision auf Tradition. Warum der bekannte Modedesigner liturgische Gewänder entwirft und Labels wie Maison Michel und Lesage an Bord holt.
09.12.2024 - By Redaktion
Nach dem verheerenden Brand im Jahr 2019 erhielt die Kathedrale Notre-Dame nicht nur eine Restaurierung ihrer steinernen Strukturen, sondern auch eine neue visuelle Sprache durch die kreativen Hände von Jean-Charles de Castelbajac. Der französische Modedesigner, bekannt für seine farbenfrohen Pop-Art-Kreationen, schuf die liturgischen Gewänder, die Tradition und Moderne auf spektakuläre Weise verbinden.
Mode trifft Liturgie
Jean-Charles de Castelbajac, der Stars wie Madonna und Rihanna kleidet, ist natürlich kein Unbekannter, wenn es darum geht, Kunst und Design auf mutige Weise zu vereinen. Für die Wiedereröffnung der Kathedrale wurde der Designer vom Erzbischof von Paris beauftragt, 700 Geistliche mit neuen Gewändern auszustatten. Dabei übertrug er seine Handschrift in die sakrale Welt – als eine Hommage an Spiritualität, Hoffnung und Erneuerung.
Im Zentrum seiner Designs steht ein großes goldenes Kreuz, inspiriert vom unversehrten Kreuz im Chorraum von Notre-Dame, das den Flammen standhielt. Von diesem Kreuz gehen strahlende Farben in Rot, Blau, Gelb und Grün aus, die Keith Harings »Radiant Baby« zitieren. Für Castelbajac sind diese »Strahlen der Freude und Hoffnung« nicht nur ein ästhetisches Element, sondern auch eine Botschaft an jüngere Generationen, um sie in Zeiten der Angst zu stärken.
Die Designs wurden in Zusammenarbeit mit den renommierten Handwerksateliers von 19M gefertigt. Das Material: schottisches Wollgewebe, bekannt für seine Robustheit und seine matte Eleganz. Moderne Techniken wie Beflockung, oft in der Streetwear zu finden, wurden für die Farbdetails genutzt – eine subtile Referenz an Castelbajacs Popkulturwurzeln.
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Die Macht der Farbe
Während die minimalistischen weißen Gewänder durch farbige Akzente aufbrechen, verneigen sich die Accessoires vor traditionellem Handwerk. Für die tiefrot und golden verzierten Bischofsmützen arbeitete Castelbajac mit Maison Michel, dem legendären Hutmacher, zusammen. Die vergoldeten Spangen in Chi-Rho-Form stammen von Goossens, einem Juwelier mit ikonischem Erbe. Die Stickereien, fein und detailreich, wurden vom Haus Lesage gefertigt, das Teil der Chanel-Gruppe ist und Castelbajac bereits 1997 bei der Einkleidung von Papst Johannes Paul II. unterstützte.
Für Castelbajac ist Farbe seit seiner Kindheit eine Kraftquelle. Aufgewachsen in einem militärischen Internat in der Normandie, fand er Trost in den leuchtenden Farben der Kirchenfenster und Wappen, die seinen grauen Alltag durchbrachen. Diese Faszination für Farbe prägt nicht nur seine modischen Kreationen, sondern auch die liturgischen Gewänder für Notre-Dame. »Farbe war wie mein Teddy, mein Übergangsobjekt in einer Welt des Konflikts«, erinnert sich Castelbajac. Diese Kindheitsprägung spiegelt sich nun in seinen Gewändern wider, die für ihn mehr als bloße Kleidungsstücke sind – sie sind Symbole für Erneuerung und Hoffnung.
Zeitgenössische Fenster für ein monumentales Projekt
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach in seiner Rede – bei der Wiedereröffnung waren 1500 honorige Gäste geladen – von der »Wiederentdeckung dessen, wozu große Nationen in der Lage sind«.Während die architektonische Restaurierung größtenteils dem Original nachempfunden ist, wollte Macron gezielt moderne Akzente, wie etwa zeitgenössische Kirchenfenster, um die Kathedrale nicht nur als historische, sondern auch als lebendige Institution in die Zukunft zu führen.
Chefarchitekt Philippe Villeneuve, der als architecte en chef des monuments historiques (ACMH) eine Art moderner Dombaumeister ist, war von Beginn an ein Verfechter der historischen Authentizität beim Wiederaufbau von Notre-Dame. Stahl, Glas oder Beton, wie sie bei Sanierungen in anderen Kathedralen wie Reims oder Nantes eingesetzt wurden, kamen für ihn und sein Team nicht in Frage. Stattdessen wurde strikt auf traditionelle Materialien gesetzt: Stein, Eichenholz und Blechschindeln – genau wie im 12. Jahrhundert.
Für den Dachstuhl und den Giebelreiter transportierte man über 1.200 Eichen aus allen Teilen Frankreichs zur Baustelle. Diese Maßnahme war nicht nur eine Hommage an die historische Bauweise, sondern auch ein Beispiel für die immense logistische Herausforderung, die mit dem Projekt verbunden war. .»Das Komplizierteste am Wiederaufbau«, so Villeneuve, seien nicht die baulichen Details, »denn diese hatten wir bestens im Griff, sondern die gesamte Logistik und das Koordinieren der vielen Beteiligten.«
Rund 140 Betriebe und Manufakturen sowie insgesamt 2.000 Handwerkerinnen und Handwerker aus ganz Frankreich arbeiteten über fünf Jahre hinweg daran, Notre-Dame in ihrer einstigen Pracht wiedererstehen zu lassen. Mithilfe akribischer historischer Überlieferungen – von den Techniken der Steinmetze bis zu den Werkzeugen der Dachdecker – orientierte man sich präzise an den Arbeitsweisen des Mittelalters. Diese Zusammenarbeit zwischen modernem Management und historischem Handwerk wurde zu einem Symbol für den Respekt vor dem Erbe der Vergangenheit.
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